Indiana Jones und der Tempel der Fitness
23. März 2020 - Quarantäneblock
Hühnerfrikassee ist ja ein stiller Quell der Freude. Stille, oft einsame grüne Erbsen kämpfen sich zwischen zart-zerkleinerter Hühnerbrust an die Oberfläche einer hellen, mehlschwitzigen Sauce; dazu verteilt der heiße Basmatireis einen wundervollen Duft von Jasmin in der engen Küche einer übersichtlichen Drei-Raum-Wohnung im Zentrum einer ebenso kleinräumigen hessischen Universitätsstadt. Er empfiehlt sich schon vorab, der neue Kollege. Obwohl es mir dünkt, es fehlt an einer wichtigen Tugend, die man dieser Tage allenthalben anempfohlen bekommt - Struktur.
Überhaupt, so quillt es aus allen Kanälen: Verpassen sie ihren Tagen in Isolation eine verbindliche Struktur. Nun deuten nicht nur die allerorts aufgelassenen Kaffeetassen auf ein gewisses strukturelles Versagen hin, was allerdings in diesem Fall eher eine beziehungstherapeutische, nennen wir es einmal Fragestellung zu sein scheint. Eigentlich geht es ja um den Tagesablauf, den man mit sinnvollem in einer sinnvollen Reihenfolge füllen sollte, ohne dabei auf Sozialkontakte zurückzugreifen. Nun ja, hier wie dort, sieht es ja gar nicht so schlecht aus. Zumindest geht man regelmäßig seinem Tagwerk nach und auch die Nahrungsaufnahme scheint in wiederkehrenden gesichert, zudem noch in offensichtlich hochwertiger Qualität.
Bleibt nur noch die Frage, die sich an dieser Stelle einfach stellen muss: Was ist mit dem regelmäßigen Sport? Während in der Wetterau ernste Maßnahmen zur Eindämmung des E-Sports unternommen werden, rücken die täglichen, echten Leibesübungen zunehmend in den Vordergrund. Noch warten wir auf die Ertüchtigungsübungen, die uns von den HTV-Bildungsreferentinnen via YouTube versprochen wurden, doch die Vorbereitungen für das Familien-Fitness-Studio laufen seit Beginn des Wochenendes auf Hochtouren.*
Wohl dem, also, der noch einen (leider unbeheizten) Raum übrig hat. Landleben hat halt seine besonderen Reize. So holten wir heute den alten Ergometer aus dem Keller, sonst eher zum Zwecke des Campings angeschaffte Isomatten wurden verfrüht aus dem Winterschlaf geweckt und vergessen geglaubte BlackRolls ausgemottet. Die wahre Attraktion dürfte allerdings der Sensationsfund meines ältesten Sohns sein. Mit archäologischer Akribie befreite er seinen alten Boxsack aus den Tiefen eines Abstellraums (wie gesagt: Landleben hat seine Reize!) und rundete seine Ausgrabung mit dem aus der gleichen jungsteinzeitlichen Periode stammenden Boxhandschuhen ab. Unser Indiana Jones der Wetterauer Gegenwart machte sich – Seit an Seit mit dem Autor dieser Zeilen sofort an die Decken-Befestigung. Doch das Projekt konnte nicht abgeschlossen werden, denn die Tagesstruktur forderte ihr Tribut. 15 Uhr: Kaffee und Kuchen (Apfeltarte – vergesst das Hühnerfrikasse) und anschließend die gestern zitierte Streit-Patience. Zwei Gründe, das Fitness-Studio insgesamt und den Boxsack im Besondern in Betrieb zu nehmen. Ich habe natürlich beim Kartenspielen verloren.
*Anmerkung der Redaktion: Die versprochene Fitness-Video-Reihe gibt es seit Freitag auf der (nicht systemrelevanten) Facebook-Seite des HTV ;)
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