2020

Der Kassenwart, eine Zierde für unsere Gesellschaft

19. September 2019 - Innenleben

Fast ist sie schon wieder vorüber, die Woche des Bürgerschaftlichen Engagements. Wäre sie nicht im einen oder anderen Organ des deutschen Sports erwähnt worden, wäre sie wohl ganz an mir (und vermutlich auch an den meisten) vorübergegangen. Dabei haben doch solche Wochen etwas Gutes an sich. Sie werden medial ordentlich geritten, was zur Folge hat, dass man über das eine oder andere Thema mal intensiver nachdenkt. Als Klassiker fällt mir da die Woche der Brüderlichkeit ein, die einen willkommenen Anlass darstellt, über das christlich-jüdische Zusammenleben in unserem Lande nachzudenken. Angesichts des grassierenden Antisemitismus dürfte das wohl topaktuell sein.

Jetzt also die Engagementswoche. Und nun, bei der 14. Auflage (sie glauben gar nicht, wie lange ich googeln musste, um das herauszubekommen), tritt der Sport aus dem Schatten. Obwohl der Sport ein unfassbar großes Engagement-Feld in diesem Lande darstellt, war er in diesem Kontext kaum wahrzunehmen. Das Feld ist vielmehr von den Klassikern beherrscht, nämlich Kultur und Naturschutz. Mit den ihnen eigenen Stilblüten. Die finden sich im Engagementskalender auf der Homepage unserer Feierwoche: „Musik lieg in der Luft“ (gemeint ist wohl nicht Peter Frankenfeld, sondern Waiblingen) oder „Berühmte Pflanzen erzählen“ (ich bin gespannt auf den Duktus).

Dazwischen mogelt sich seit neuestem auch der Sport. Vertreten nach außen (bzw. auf der Homepage der Engagementswoche) durch den DOSB. Der nutzt die Chance (zu Recht!) auf die Vielfalt, aber auch die Breite und Quantität des Engagements in den 90.000 deutschen Sportvereinen hinzuweisen.

Nun soll an dieser Stelle keine Bewertung vorgenommen, ob das bürgerschaftliche Engagement in einem Sport- oder am liebsten sogar noch in einem Turnverein ein besseres ist, als in einer Tafel, Seniorenbetreuung, Arbeitsloseninitiative, einer Kultureinrichtung, in der Kirche oder bei der Hilfe für Migranten. Das wäre vermessen. Im Gegenteil; jede Form des bürgerschaftlichen Engagements ist eine Zierde für unsere Gesellschaft. Übrigens auch das in (demokratischen) Parteien, das wird heute gerne mal vergessen oder ins Gegenteil verkehrt. Denn ehrenamtlich Verantwortung zu übernehmen fördert den Zusammenhalt und damit unsere Demokratie.

Soweit, so gut. Weithin ausgeblendet blieb in diesem Engagement-Förder-Trubel bislang der Sport. Das ist unverständlich, mag aber auch an uns selbst liegen. Denn der Sport ist ein in sich geschlossenes System mit eigenen Regeln, eigener Gerichtsbarkeit und eigener innerer Organisation, gleichsam ein wenig Staat im Staat. Oder ganz banal: Wer nicht Badminton spielt, wird auch nicht in einen Badmintonverein gehen. Stimmt aber nicht ganz. Denn neben dem sportlichen Erfolg gibt es auch noch zwei Triebfedern, sich bürgerschaftlich im Sport zu engagieren. Denn einerseits gilt es, in einem demokratisch bestimmten Gremium, die Rahmenbedingungen für den Sport vor Ort herzustellen. Zum anderen gibt es neben dem klassischen Wettbewerb im Sport auch das, was wir Breiten-, Freizeit und Gesundheitssport nennen. Das ist nun wirklich Altruismus pur. Wer weiß das besser, als wir Turner.

Vor diesem Hintergrund sind Überschriften wie „Sport und Engagement“ überflüssig wie ein Kropf. Denn hierzulande funktioniert das System Sport nach wie vor nur auf eine Weise – engagiert. Fragen sie doch mal den Kassenwart ihres Turnvereins!

 

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