Wenn die Welt sich anders dreht
19. März 2020 - Quarantäneblock
Isolation bedeutet auf keinen Fall Stillstand. Die Welt dreht sich nämlich weiter. Nur irgendwie dreht sie sich anders. Im Arbeitsalltag dreht sie sich nun digital. Denn die Pandemie bedeutet gleichzeitig auch die Renaissance von Skype, Telkos und Vikos. Wohl dem, der sich einer stabilen und schnellen Internetleitung erfreuen kann. Notwendige Sozialkontaktvermeidung steht halt im Gegensatz zur Präsenz- und Sitzungskultur agiler Unternehmen. So treffen wir uns zu virtuellen Mitarbeitenden-Meetings, zeigen uns extrem diszipliniert und verwalten, was es noch zu verwalten gibt.
Anders sieht es da bei meinem Sohn aus. Der schreibt heute seine erste schriftliche Abitur-Prüfung. Erstmal ein großes Lob, denn wie sich das für einen, der Sport-Abi macht (auch wenn heute English dran ist), gehört, fährt er die nötigen 8 Kilometer mit dem Rad zur Schule. Er weiß, das bringt den Kreislauf samt Stoffwechsel in Schwung. Was ihn dort erwartet, war schon gestern klar, als die Motivationsplakate gehängt und begutachtet wurden: Gespensterstimmung. Verlassene Schulgebäude, Klassenzimmer, denen der Geruch frischer Desinfektion anhaftet, und spärlich besetzte Prüfungsräume, überwacht von höflich distanzierten Lehrkörpern. Die Stimmung schwankt zwischen Erleichterung, die Vorbereitungen nicht nochmal aufnehmen, verlängern bzw. verschieben zu müssen, und Frustration, denn bereits jetzt steht fest: Es sollte der Sommer seines Lebens werden. Malle, Interrail, Abiball, Feiern ohne Ende. Was davon bleiben wird? Man wird sehen, vermutlich aber nicht so viel. Die Welt dreht sich derzeit halt irgendwie anders.
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