2020

Die Sucht der Anderen geht auch uns an

20. Februar 2020 - Innenleben

Zurück aus der Versenkung. Mit einem heiklen Thema: Sucht. Das weisen wir gerne von uns. Der Autor besonders gerne, denn er ist ganz stolz auf 38 Jahre ohne jeglichen Alkohol und null Drogen. Toll, gell! Dafür hakt es an anderer Stelle, die wir an dieser Stelle aussparen wollen. Aber es hakt bei uns allen an bestimmten (Sucht)Stellen, auch wenn wir es manchmal nicht wahrhaben wollen. Vermeintlich verschont blieb der Sport, gerade unser beschaulicher Turnvereinssport bisweilen, so dachte ich immer. Na klar, der Sport selbst kann zur Sucht führen: Mit gesteigerten Adrenalin-Kicks zum Lauf-Junkie. Davon hat man schon gelesen, das gehört aber zu den Leichtathleten und damit nicht in unseren Beritt, denn Bodenturn-Süchtige sind mir bislang nicht untergekommen. Gibt es vielleicht aber auch, was deshalb nicht ins Lächerliche gezogen werden sollte.

Ganz und gar nicht lächerlich ist da eine Meldung, die aus dem Ruhrgebiet auf meinen Schreibtisch schwappt. Immer mehr Wettsüchtige durch Sportwetten. Und darunter sind immer mehr junge Menschen, die online wetten, so die Suchtberatung in Dortmund. Trifft uns nicht, denkt der Turner, lehnt sich genüsslich zurück und deutet auf die Fußballer. Stimmt leider nur bedingt. Denn, siehe da, man kann auch auf die finnische Bandy-Liga (ein klarer Fall für wikipedia, liebe Leser!), internationale Schachturniere und Turn-Wettkämpfe wetten.

Ich muss zugeben, dass mir dieses Terrain noch fremder ist als Alkohol und Drogen, denn diese Dinge hake ich getrost als Jugendsünde ab. So habe ich tatsächlich zum ersten Mal nach 25 Jahren Internet-Nutzung einige einschlägige Wettseiten angesteuert, deren Klickzahlen übrigens regelmäßig in den Website-Hitlisten ziemlich weit vorne notiert werden. Ging bislang völlig an mir vorbei, hat sich aber gerade geändert.

Gepaart mit einer bitteren Erkenntnis: Wir alle profitieren irgendwie von der Sucht der Anderen. Denn wo kam doch gleich das Geld für die langlebeigen Turngeräte her, die der Lsbh ausschüttet, oder die Übungsleiter-Zuschüsse? Genau: aus Lotto-Mitteln! Wobei man zugeben muss, dass der Vergleich ein wenig hinkt, denn deren Geschäft ist wenig online-basiert, deutlich verantwortungsbewusster und bezieht sich nicht auf Sportwetten. Aber die 20 Prozent, die der schleswig-holsteinische Fiskus von den Online-Anbietern kassiert, kommen sicher auf der anderen Seite auch dem Gemeinwohl Sport zugute. Das stimmt nachdenklich.

Die Kommentarfunktion ist für diesen Artikel deaktiviert.