„Als größte Bürgerbewegung in unserem Land hat der organisierte Sport einen sehr hohen gesellschaftlichen Stellenwert“, betont lsb h-Präsidentin Juliane Kuhlmann. Und ergänzt: „Unsere Vereine sind Sportanbieter Nummer eins – aber nicht nur das. Sie leben Integration, Inklusion und gesellschaftliche Vielfalt und verbinden Menschen – das ist in diesen Zeiten, in denen gesellschaftliche Spaltung zunimmt, wichtiger denn je.“ Zum Wachstum habe auch der lsb h beigetragen, merkt Kuhlmann an: „Wir haben uns für Corona- und Energiehilfen eingesetzt, eine Bildungsoffensive gestartet und allein im vergangenen Jahr Fördergelder in Höhe von rund neun Millionen Euro ausgeschüttet. Das bildet ein starkes Fundament für den organisierte Sport in Hessen.“
Männer weiterhin deutlich in Überzahl
Bereits im Vorjahr hatte die Dachorganisation einen Mitgliederrekord vermeldet. Dass sich die erfreuliche Entwicklung im Jahr 2023 fortsetzte und diesmal in keiner einzigen Altersgruppe Verluste verzeichnet werden musste, macht die hessische Sportchefin sehr stolz: „Wir müssen bedenken, dass die Lebenshaltungskosten drastisch gestiegen sind. Und dass einige Menschen deshalb sicher überlegt haben, aus ihrem Verein auszutreten“, erläutert Kuhlmann und fährt fort: „Dass unsere Mitgliederzahlen trotzdem in allen Altersgruppen – bei Frauen wie Männern – gestiegen sind, unterstreicht eindrucksvoll, wie wichtig Vereinssport für die Menschen in Hessen ist. Sie sind die wichtigsten sozialen Netzwerke und deshalb unverzichtbar.“ Im Vergleich zum Vorjahr gibt es 46 Vereine weniger. Das sei ein Trend, der sich seit vielen Jahren bundesweit vollziehe, weiß Kuhlmann. „Gerade im ländlichen Raum tun sich Vereine immer öfter allein schwer und denken über eine Fusion nach, die eine Chance sein kann.“
Der Blick in die Zahlen zeigt, dass die männlichen Mitglieder weiterhin deutlich in der Überzahl sind. 1.308.334 Männer stehen 905.674 Frauen gegenüber. Etwa 60 Prozent aller Mitglieder sind männlich – ein Wert, der sich seit vielen Jahren kaum verändert hat. Prozentual betrachtet legten die Frauen (+4,03, Männer: +3,28) mehr zu, in absoluten Zahlen sind die Zuwächse bei den Männern mit 41.573 neuen Mitgliedern (Frauen: +35.110) allerdings höher. Die mit Abstand größten Zuwächse vollzogen sich in den jüngsten Altersgruppen. Bei den Kindern bis sechs Jahren legten die Vereine um 10,92 Prozent (Jungen) beziehungsweise 12,12 Prozent (Mädchen) zu. In absoluten Zahlen gewann der organisierte Sport bei den 7- bis 14-Jährigen am meisten Mitglieder. Bei den Jungen wurden 14.249 mehr Mitglieder als im Vorjahr gemeldet, bei den Mädchen 9.839.
Boom bewältigen, Qualität hochhalten
„Das zeigt, dass wir die jungen Altersgruppen keineswegs verloren haben, was in Corona-Zeiten befürchtet worden war. Zugleich spricht die Entwicklung für unsere Vereine, die gerade im Nachwuchsbereich mit großem Engagement zu Werke gehen“, sagt Kuhlmann. „Sie sind ganz wichtig für ihre motorische Entwicklung, vermitteln ihnen aber auch wichtige soziale Werte, mit denen manche Kinder sonst wahrscheinlich nicht in Berührung kommen würden.“ Das ist der Verdienst von unzähligen Ehrenamtlichen. Von Trainer*innen, Übungsleiter*innen und Betreuer*innen, die sich in ihrer Freizeit für das Gemeinwohl einsetzen. Was immer weniger Menschen dauerhaft machen. Ein Problem, das der lsb h besonders in den Blick genommen hat. „Wir müssen dafür sorgen, dass die Vereine den Mitgliederboom bewältigen und sich nicht aufreiben. Mitgliederrekorde bringen uns nur dann etwas, wenn die Vereine die Qualität ihrer Angebote hochhalten können“, unterstreicht die lsb h-Präsidentin und ergänzt: „Das gelingt nur mit qualifizierten und motivierten Ehrenamtlichen. Deshalb entwickeln wir unsere Aus- und Fortbildungsangebote stetig weiter und bieten verstärkt Veranstaltungen im Bereich Freiwilligenmanagement an.“ Positive Erfahrungen mit Übungsleiter*innen und Co. im Kindesalter, so Kuhlmann weiter, seien eine wichtige Basis dafür, dass Menschen auch als Jugendliche und junge Erwachsene im Verein Sport treiben.
Trendwende bei 41- bis 60-jährigen Frauen
Ein Blick in die Statistik macht deutlich, dass die Gruppe der 15- bis 18-Jährigen mit 148.356 Mitgliedern nicht nur vergleichsweise klein ist, sondern auch weniger stark als andere Altersgruppen im vergangenen Jahr gewachsen ist (+2,2). Noch geringer sind die Zuwächse bei den 19- bis 26-Jährigen – bei den Männern liegen sie bei 1,03 Prozent, bei den Frauen bei 0,93. Nur die 41- bis 60-jährigen Männer legten weniger zu (+0,88). Bei den Frauen hingegen ereignete sich in dieser Altersgruppe eine sehr erfreuliche Entwicklung. Die 41- bis 60-Jährigen legten um 1,24 Prozent zu, nachdem sie im Vorjahr als einzige Altersgruppe Verluste hatte hinnehmen müssen. Den größten prozentualen Zuwachs bei den erwachsenen Mitgliedern gab es bei den Frauen zwischen 27 und 40 Jahren (+5,83), in absoluten Zahlen verzeichneten die Gruppe der 27- bis 40-jährigen Männer die größten Gewinne (+ 7.354). Außerdem auffällig: Der demografische Wandel macht sich immer mehr bemerkbar. Der Altersgruppe 61+ gehören 466.374 Mitglieder an, was einem Anteil von 21,06 Prozent entspricht. Der wird sich in den nächsten Jahren weiter erhöhen, denn die Altersgruppe 60+ wächst seit mehr als 20 Jahren – langsam, aber stetig. Eine Entwicklung, die der lsb h proaktiv begleitet. „Seit vielen Jahren unterstützen wir Vereine, die Angebote für ältere Mitglieder entwickeln möchten und bieten beispielsweise die Profilausbildung ‚Fit und mobil im Alter‘ an“, berichtet Kuhlmann.
Fußball bleibt vor Turnen
Ein Blick auf die Sportarten zeigt, dass 46 der 60 Fachverbände Mitgliedschaften hinzugewannen – sechs mehr als im Vorjahr. Im Schnitt legten sie um 3,42 Prozent (+1.300 Mitgliedschaften) zu. Größter Fachverband ist weiter der Hessische Fußball-Verband (HFV), der 612.857 Mitgliedschaften meldete und im vergangenen Jahr 27.570 neue hinzugewann. Zusammen mit dem Hessischen Turnverband (HTV) – mit 603.079 Mitgliedschaften zweitgrößter Verband – vereinen die Fußballer 53,47 Prozent aller Mitgliedschaften auf sich. Mit großem Abstand folgen Tennis (132.278), Leichtathletik (99.856) und Schießen (94.861). Bei den neuen Mitgliedschaften steht der HTV diesmal mit einem Plus von 28.709 an der Spitze. Zu den weiteren großen Gewinnern zählen Schwimmen (+3.312), Tanzen (+2.840), Bergsteigen/Skiwandern (+2.734), Basketball (+2.217) und Handball (+ 1.679). Die größten Verluste mussten Ski (-889), Pferdesport (-761) und der Hessische Behinderten- und Rehabilitations-Sportverband (HBRS) hinnehmen (-640). Den Aufwärtstrend aus dem Vorjahr bestätigen konnten die Kampfsportarten, von denen Kickboxen (+15,32 Prozent) und Boxen (+12,61) deutlich mehr zulegten als im Vorjahr.
Eintracht Frankfurt legt wieder am meisten zu
Bei den Sportkreisen, die allesamt Gewinne verzeichnen konnten, bleibt Frankfurt mit 319.312 Mitgliedern vorne. Mit einem Plus von 26.605 Mitgliedern (+9,09 Prozent) fiel der Zuwachs aber geringer als im Vorjahr aus (+12,3). Zweitgrößter Sportkreis ist Darmstadt-Dieburg (161.829, +4,44), dahinter folgt Main-Kinzig (134.397, +3,12). Die mitgliederschwächsten Sportkreise sind Werra-Meißner (35.765), Odenwald (36.266) und Vogelsberg (46.746). Über die Hälfte der Vereine (3.782) gewannen im Jahr 2023 Mitglieder hinzu. Mit 14.924 neuen Mitgliedern (+12,5) hatte Eintracht Frankfurt den größten Zuwachs, der im Vergleich zum Vorjahr (24.606) deutlich niedriger war. Bemerkenswert: Mehr als die Hälfte der hinzugewonnenen Mitglieder im Sportkreis Frankfurt (56,09 Prozent) entfällt auf die Eintracht. Hinter der Eintracht folgen die TG Bornheim (+3.787, +12,8), der SV Darmstadt 98 (+3.321, +30) und der TSV Makkabi Frankfurt (+1.481, +52,3).